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Lehrerleben faules Leben? Ein kleiner Einblick in meinen Beruf

Der Weltlehrertag war am 5. Oktober, das inspiriert mich, diesen Post zu verfassen. Und wer sich jetzt fragt, weshalb erst 14 Tage später? Nun, die Antwort darauf gibt es im Text und die mag vielleicht den ein oder anderen überraschen.

Gleich vorweg: Lehrerin sein ist ein echt krasser Beruf. Allerdings musste ich das selbst erst erfahren, um es zu glauben. Denn mein Bild vom Lehrerleben war ein ganz anderes. Ich dachte, dass Lehrerinnen und Lehrer doch sehr privilegiert seien. Sie haben bereits am Mittag Schluss. Sie haben die ganzen Ferien, um sich zu erholen. Sie werden gut bezahlt und ihre Jobs sind auch ziemlich sicher. Alles in allem ein schönes Paket. Doch dieses Bild hat sich nun grundlegend gewandelt. Und das kam so:

Seiteneinstieg

Ich bin Seiteneinsteigerin in den Beruf. Dazu muss ich sagen, dass mir der Einstieg relativ leicht gefallen ist. Ich habe viel Unterstützung durch meine Schule, also durch KollegInnen und die Schulleitung erfahren. Außerdem wurde mir Zeit gegeben, wenn auch nur kurz, um zu schnuppern, zu hospitieren und mich auf die Tätigkeit vor der Klasse vorzubereiten. Hilfreich war hierbei sicherlich, dass ich als DaZ-Lehrerin keinen Lehrplan hatte, den ich umsetzen musste.

Dieses Glück haben nicht alle Seiteneinsteiger. Viele werden von den alteingesessenen LehrerInnen argwöhnisch beäugt, Zusammenarbeit wird verweigert, Steine in den Weg gelegt usw. Dabei sind die SeiteneinsteigerInnen genau die Leute, die der verkorksten Bildungspolitik den „Arsch retten“. Dank ihnen fällt weniger Unterricht aus und die anderen LehrerInnen werden entlastet. Doch ich schweife ab. Ich wollte ja erklären, warum der Beruf eben so krass ist.

Krass 1

Täglich komme ich in der Schule um 7.15 Uhr an. Bis ich sie um 14 oder 15 Uhr verlasse, bin ich permanent n hundertprozentiger Aktion. Da ist zunächst der Unterricht, indem alle Augen auf mich gerichtet sind. In den Pausen sammle ich meine Materialien ein. Ich hetze von einem Klassenzimmer zum nächsten. Ich berede organisatorische oder inhaltliche Fragen mit meinen KollegInnen. Ich habe Aufsicht oder spontane Elterngespräche.

Täglich nach der dritten Unterrichtsstunde fällt mir auf, dass ich total ausgetrocknet bin. Ich habe einfach vergessen zu trinken. Nach der fünften Stunde merke ich, dass ich mal wieder keine Zeit hatte, um auf Toilette zu gehen. Das ist die eine krasse Seite des Berufs.

Die andere sind natürlich die SchülerInnen.

Krass 2

Die Schülerinnen und Schüler wandeln permanent zwischen absolutem Wissensdrang und der totalen Lernverweigerung. Sie testen immer ihre und meine Grenzen aus. Meist ist der Wissensdrang in den ersten Stunden hoch. Doch die Lust lässt dann nach, immer abhängig von Fach- und Uhrzeit.

Der Lärmpegel ist permanent extrem hoch und die Unruhe groß. Beleidigungen und körperliches Kräftemessen sind fast an der Tagesordnung. Aber kein Problem für mich, ich bin ja ausgebildete ErsthelferIn. Die Klassen sind definitiv zu groß. Das Sprachniveau und vor allem das Lernniveau von SchülerIn zu SchülerIn ist extrem unterschiedlich. Was mache ich mit den AnalphabetInnen, wenn die anderen eine Sachaufgabe lösen? Wieso verstehen die SchülerInnen die Aufgabe nicht? Wieso fangen sie nicht einmal an, die Aufgabe zu lesen, sondern unterhalten sich?

Nachts

Nachts schlafe ich manchmal schlecht. Ich wälze mich im Bett hin und her, weil ich überlege, wie ich das alles meistern soll. Wie kann ich an jede herankommen? Ich weiß ja, wie gerade die Schulzeit die Kinder und Jugendlichen prägt. Wenn ich Glück hab, schlafe ich beim Grübeln dann doch ein. Und ich weiß auch, dass man das alles nicht zu verkopft angehen darf. Besser ist es, den neuen Tag mit einem Lächeln zu begegnen. Das gelingt natürlich nicht immer, ich bin auch oft gestresst und überfordert.

Und der Stress, die Anspannung und die vielen „Schul-Kleinigkeiten“ drumherum, sind eben die Erklärung, weshalb dieser Post erst 14 Tage nach dem Weltlehrertag entstand.

Ich bin gern Lehrerin, aber

Tief in mir drin ist mir klar, dass ich sehr gern Lehrerin bin. Aber ich weiß auch, ich bin nicht zur Lehrerin berufen. Den körperlichen und vor allem psychischen Stress kann ich keinesfalls bis zur Rente durchhalten. Ich würde abstumpfen und damit ist weder den SchülerInnen noch mir geholfen. Deswegen ist meine Position als Seiteneinsteigerin auch irgendwie gut. Ich weiß, dass sich Dinge und Berufe ändern. Und in ein paar Jahren werden sich bestimmt neue Perspektiven für mich eröffnen. Ich bin schon echt gespannt, was das sein wird. Bis dahin gebe ich aber alles für meine SchülerInnen.